BLKÖ:Beltrami, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Beltrami, Elisabeth
Band: 1 (1856), ab Seite: 250. (Quelle)
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Beltrami, Johann (Stempelschneider, geb. zu Cremona 1779, gest. ebendas. 1854). Sein Vater war Juwelier, besaß ein ausgedehntes Geschäft, und unter seinen kostbaren Waaren Edelsteine, Cameen, Carneole, die öfter nach gegebenen Mustern gestochen wurden. Johann, von Kindheit auf an diesen Anblick gewöhnt, faßte eine besondere Vorliebe für diese Kunst, und begann mit einem in Eisen gefaßten Diamanten sich selbst darin zu versuchen. War nun auch das dazu angewendete Instrument unbehilflich, so vollendete er doch auf einem rothen Diaspor „Amor u. Daphne,“ auf einem Carneol „das Porträt des Grafen Algarotti,“ dann eine „Bachantin,“ und einen „Julius Papirius mit seiner Mutter,“ der ihm ganz vorzüglich gelang. Um sich in seiner Kunst noch besser auszubilden, wollte er die Akademie in Mailand besuchen, der Vater willfahrte gern seinem Wunsche und 1793 reiste B. nach Mailand. Der beste Steinschneider in Mailand war damals Joseph Grassi, an den B. Empfehlungen hatte; als dieser aber ein paar Arbeiten B.’s sah, wußte er aus Eifersucht B.’s Absicht, sich in dieser Kunst auszubilden, hintanzuhalten, und ging so weit, daß er nie in B.’s Gegenwart arbeitete, und sorgfältig Instrumente und alles zur Arbeit gehörige verbarg. Im Unwillen über einen so unwürdigen Vorgang kehrte B. nach Cremona zurück, und mühte sich ab, hinter das ihm so ängstlich vorenthaltene Geheimniß des Gemmenschnittes von selbst zu kommen, was ihm auch bald gelang. Die ersten Arbeiten seiner Kunst waren nunmehr: „Heraclit und Democrit“ auf einem orientalischen Topas, und „Jupiter und Venus“ auf einem saphirnen Achat. Nach und nach wurde er immer mehr Meister der Schwierigkeiten, und es entstanden: „Amor und Psyche“ auf einem weißen Topas, und im Auftrage der Regierung, die einen verdienstvollen Bürger auszeichnen wollte, eine Medaglie mit 3 Figuren. In den Jahren 1796–1800 beeinträchtigten politische Wirren seine Arbeit, doch vollendete er in dieser Zeit viele Porträte, die durch die Reinheit ihrer Ausführung und die große Aehnlichkeit Beifall ernteten; ein Meisterstück war das „Porträt des Kaiser Franz I.,“ das er für den Marchese Persichelli in Cremona vollendete. Bedeutende Beschäftigung gab es, als Eugen Beauharnais als Vicekönig Italiens den Künsten huldigte, und B. erhielt den Auftrag, eine Kette von 16 Cameen zu arbeiten, welche die „Geschichte der Psyche“ nach seinen eigenen Zeichnungen enthalten sollten. Nachdem die Zeichnungen den Beifall Appiani’s (s. d) gefunden, machte sich B. an die Arbeit, vollendete dieselbe, und schickte sie an ihre Bestimmung ab; aber ehe sie an dieselbe gelangte, fiel sie in Räuberhände. Eugen, obgleich über diesen Unfall aufgebracht, bezahlte den Künstler für seine Arbeit, als wenn er die Kette erhalten hätte, und trug ihm auf, eine zweite ganz der ersten gleiche auszuarbeiten. Beltrami vollendete dieselbe, und diese zweite übertraf die erste noch an Reinheit und Schönheit der Ausführung. Der Vicekönig bestimmte die Kette zum Geschenk für seine Braut, die Prinzessin Amalie von Baiern. Die Kette machte Aufsehen, B. erhielt eine Menge Bestellungen, insbesondere von Porträten, und darunter jenes der Kaiserin [251] Josephine, welches er auf einen anderthalb Zoll großen saphirnen Achat mit solcher Vollendung schnitt, daß es allgemein bewundert wurde. Im J. 1820 begann Graf Joh. Sommariva, der längst für Beltrami’s Schöpfungen Enthusiast war, denselben ausschließlich für sich zu beschäftigen, und bis 1826 arbeitete B. fast nur für den Grafen. In diesem Jahre entriß der Tod dem Künstler diesen seltenen Mäcen, der in seinem Hause zu Paris und in seiner Villa in Como einen wahren Schatz von Kunstwerken aller Art besaß. Ueber 40 Kunstwerke, eines herrlicher als das andere, gingen nunmehr aus B.’s Händen hervor. Die vorzüglichsten darunter sind: eine „Flora“ nach Guido Reni; – „Attala’s Comunion;“ – „Die Jugend im Kampfe mit den Leidenschaften;“ – „Der Zorn des Achilles“ eine Composition mit vielen Figuren nach einem Bilde von Appiani; – „Kain und Abel;“ – „Psyche von Zephyr entführt,“ viele Amoretten umgeben die Götter; – „Anna Boleyn segnet ihre Tochter;“ – „Die Barmherzigkeit“ nach Dignani; – „Eine heilige Familie“ nach Andrea del Sarto; – und das „Porträt von Sommariva.“ Die Bemühungen des Grafen, daß B. nach Paris übersiedelte, waren vergeblich, und als er dem Künstler eine freundliche Wohnung in Mailand einrichtete, war B. auch nicht zu bewegen, diese zu beziehen. Seine Vaterstadt blieb ihm über alles werth, und er wollte das geliebte Cremona nie verlassen. Ein anderer Gönner B.’s, der ihn mit zahlreichen Bestellungen beschäftigte, war Turina. Auch für diesen arbeitete er theils nach berühmten Gemälden, und theils aus der Phantasie folgende Werke: „Angelica und Medoro“ nach einem Bilde von Matteini; – „Der Reichthum will die Liebe erkaufen“ und „der Reichthum statt als Sieger folgt in Trauer dem unbesiegbaren Gotte,“ beide Allegorien nach französischen Originalen; hingegen sind „Der Kopf der Niobe;“ – „Armida und Rinaldo“ verbunden mit einem niedlichen Basrelief, „Die Kreuzritter, welche sich zur Belagerung Jerusalems anschicken,“ vorstellend; – „Die von Diomedes verwundete Venus vor Jupiter,“ Schöpfungen seiner Phantasie. Sein größtes Kunstwerk aber ist das nach Lebruns Gemälde gearbeitete „Zelt des Darius“ auf einem 8 Linien großen Steine. Nahe an 20 Figuren faßt das Bild. In der Mitte steht das Zelt, vor dem Alexander, ihm zur Seite Hephästion, die trostlosen Frauen des Darius empfängt. Der Ausdruck in den Mienen der Flehenden, in denen Alexanders und Hephästions, die Gruppirung der um den Sieger theils Stehenden theils Knieenden, Alles ist mit einer bewunderungswürdigen Schärfe gegeben, und das Stück ist mit Recht als ein Wunder der Kunst gepriesen worden. Ein anderes Meisterstück, auch für Turina gearbeitet, ist ferner: „Merkur übergibt dem Knaben Bachus die Nisäischen Nymphen“ Professor Colla und Cicognara waren voll der Bewunderung über B.’s Arbeiten, den sie den italienischen Phidias nannten. Solche Kunstwerke steigerten B.’s Ruf, und er erhielt Bestellungen von allen Seiten. Fürst Soresina Vidoni ließ nun 7 lichte Carneole schneiden, und überließ den Gegenstand der freien Wahl des Künstlers. In den größten Stein arbeitete nun Beltrami: „Das Urtheil des Paris,“ auf den übrigen sechs stellte er „Die Musen;“ – „Die Symbole der Ehe;“ – „Den Ursprung der Malerei;“ – „Die Grazien“ u. a., und auf Vidoni’s Wunsch, der Monti’s Poesien über Alles liebte, das „Porträt Monti’s“ mit den Profilen Homers, Virgils und Dante’s. Diese vier Köpfe sind auf einem zollgroßen Carneol ausgeführt, und der Charakter in den 4 Köpfen ist der Inbegriff der Vollendung. Im J. 1827 endlich unternahm er heimlich [252] – um, wenn es nicht gelänge, keine Schadenfreude zu erwecken, – auf einem zollgroßen brasilischen Topas, „das Abendmahl Leonardo da Vinci’s“ zu schneiden. B. vollendete es, Vidoni brachte das Kunstwerk nach Rom, wo noch 10 Jahre später B.’s Sohn eine Fülle des Lobes über das Kunstwerk des Vaters vernahm. Ein Freund Canova’s, Antonio d’Este bemerkte, wenn Canova lebte, gäbe er eine seiner Statuen für diese wunderbaren Gemmen, auf welche der Charakter in den Mienen der Apostel trotz der Kleinheit der Köpfe wunderbar wiedergegeben war. Von seinen übrigen Arbeiten, die meistens im Besitze von Privaten sich befinden, und durch ihre meisterhafte Ausführung dem Kenner schon auf den ersten Blick kenntlich sind, sind bekannt geworden: „Der Tod der Lucretia;“ – „Psyche, welche Amor liebkost;“ – „Das Porträt des Kaisers Franz des I.,“ welches er im Auftrage der Kaiserin Witwe, die schon im J. 1815 B.’s Arbeiten kennen gelernt, zweimal arbeitete; – „Jupiter bekränzt von den Horen“ nach einem Gemälde von Appiani auf einem weißen russischen Topas von etwa 8 Linien Größe ausgeführt, woran er volle 3 Jahre arbeitete. Das Bild stellt dar: Jupiter auf dem Throne, zwei Horen bekränzen ihn, ihm zur Seite stehen Juno und Hygiäa, vor ihm auf den Knieen Ganymed, der ihm die Schale zum Trinken reicht, in der Entfernung sieht man im Kreis die übrigen Götter; und „Der Tanz der Venus mit den Grazien.“ Aus einem in den italien. Blättern der letzten Jahre mitgetheilten Schreiben des Prof. L. Pichler (s. diesen) (ddo. 25. Juni 1844) an Beltrami erhellet, welchen hohen Platz dieser in seiner Kunst einnahm, indem Pichler, Professor der Medaillen- und Gemmenschneidekunst an der Akad. der bildenden Künste zu Wien, an Beltrami unter Anderem folgende Worte richtet: „Sie besitzen einen Muth, den ich nie hatte und nie haben werde, nämlich den: in Stein Gemälde auszuführen.“

Meneghelli (Antonio), Insigne glittografo Giov. Beltrami (Padua 1839, Sicca, 8°. 26 S.). – Aus italienischen Blättern der Lombardie und Venedigs in den Jahren 1852–1855.