BLKÖ:Somaini, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 35 (1877), ab Seite: 262. (Quelle)
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Somaini, Franz (Bildhauer, geb. in einem Dorfe am See Lugano in der Lombardie gegen das Ende des 18. Jahrhunderts, gest. zu Mailand 13. August 1855). Da er frühzeitig Talent für die Kunst zeigte und anfänglich im Hause in den Elementen des Zeichnens unterrichtet wurde, kam er als Jüngling an die k. k. Kunst-Akademie der Brera in Mailand, um an derselben die Bildhauerei zu erlernen. Unter Paccetti’s unmittelbarer Leitung, welcher damals die Professur der Bildhauerkunst bekleidete, bildete sich S. aus und im Jahre 1822 erhielt er den ersten Preis aus der Bildhauerkunst. Das war nur eine Aufmunterung zu weiterem Schaffen und Sichvervollkommnen. Die nächsten Arbeiten, die aus des jungen Künstlers Meißel hervorgingen, waren vier halblebensgroße Karyatiden für die Pfarrkirche in Abbiategrasso, ein Basrelief, darstellend den Genius der Natur; ferner eine Porträtbüste, beides für ein Monument, das die Schüler des Lyceums S. Alessandro ihrem verewigten Lehrer, dem Padre Raccagni, errichten ließen. Zwei im Jahre 1824 ausgestellte, für die Pfarrkirche in Nembro in der Provinz Bergamo ausgeführte Engel, welche durch ihre Lieblichkeit und höchst sorgfältige Behandlung die Blicke Aller fesselten, richteten die Aufmerksamkeit in weiteren Kreisen auf den jungen Künstler und die Bestellungen kamen von allen Seiten. Damals vollendete er auch ein kleines Basrelief, darstellend „Die väterliche Liebe“, welches zum Andenken an den Oberst Morsin auf dem St. Gregorius-Friedhofe in Mailand aufgestellt wurde. Ein anderes, „Die Sohnesliebe“ vorstellend, eine Gruppe mit halblebensgroßen Figuren, kam nach Prag in Böhmen. Im Jahre 1828 stellte S. zwei Basreliefs, beide mit Figuren in halber Lebensgröße, aus; eines stellte „Die Mutter, wie sie die Erziehung ihrer Söhne leitet“, das andere „Angelica und Medoro“ dar. Besonders die beiden letztgenannten Gestalten zeichneten sich durch die Musterhaftigkeit in der Ausführung aus. Durch das Ableben des Bildhauers Acquisti von Bologna wurden die Arbeiten an dem berühmten Arco della pace in Mailand unterbrochen und insbesondere das große Basrelief, welches den „Congress in Prag“ darstellt, war ein Torso geblieben. Da erhielt Somaini den ehrenvollen Auftrag, das von dem Verstorbenen begonnene Werk zu vollenden, welchem er sich auch mit glänzendem Erfolge unterzogen hatte. Im Jahre 1829 hatte S. drei Basreliefs ausgestellt, auf dem einen sah man „Aaron, hingeworfen vor der Arche“, das zweite zeigte die „Segnung der zwölf [263] Brode“, und das dritte „Zwei Engel, so ein Blatt für eine Inschrift emporhalten“ und das für den St. Annenaltar in der St. Stephanskirche in Mailand bestimmt war. Die Tüchtigkeit, welche S. bei der Ausführung des von Acquisti unvollendet gebliebenen Basreliefs bekundet hatte, ward Veranlassung, daß er mit der Ausführung eines zweiten Basreliefs, welches „Die Schlacht von Arcis sur l’Aube“ vorstellen sollte, betraut wurde. Dieses Werk, das eine große Anzahl von Figuren und Köpfen der kämpfenden Krieger enthält, und durch die Charakteristik der Gesichter, wie die glückliche Gruppirung sich gleich auszeichnet, fand damals ebenso in den Kunstkreisen, wie von Seite des Publikums allgemeine und gerechte Würdigung. Nun arbeitete S. auf Bestellung eines Kunstfreundes, des Herrn Ubaldo, eine Gruppe, deren Gegenstand „Die Kindheit des Bacchus“ vorstellt und zu den reizendsten Schöpfungen nicht blos Somaini’s, sondern der Bildhauerkunst überhaupt zählt. Dann folgte wieder ein größeres Werk, ein Denkmal für den Campo santo von Brescia, zum Andenken an den Vorstand der Provinz, Gaudenzio de Pagave, demselben von der Stadt Novara errichtet. Die Stadt Novara, mit einem Löwenfell bekleidet und von dem Genius der Wohlthätigkeit, welcher eine Fackel hält, begleitet, überreicht einer anderen weiblichen Gestalt, welche die Stadt Brescia vorstellt, das Testament des Verewigten. Hinter den beiden Frauengestalten gewahrt man auf der Bahre den Verewigten mit sprechender Gesichtsähnlichkeit. Das im großartigen Styl ausgeführte Monument zählt zu den Zierden des Brescianer Friedhofes. Somaini’s nächste Arbeit war, im Auftrage der Frau Christine Piazzoni aus Bergamo, ein monumentales Basrelief, eine trauernde Witwe vorstellend. Von weiteren Werken Somaini’s sind nun, wie sie nach der Zeit folgten, anzuführen: „Das Gebet“, Basrelief, im Auftrage des k. k. geheimen Rathes und Präsidenten der Brera Conte Nava; – ein großes Basrelief: „Gian Galeazzo Visconti, der Erbauer des Mailänder Domes und der Certosa von Pavia, wird vom Kaiser mit dem Herzogthum Mailand belehnt“, und ein zweites welches die „Rückkehr der Mailänder in ihre Heimat, nachdem Friedrich Barbarossa ihre Stadt zerstört“ darstellt; – für eine in Ghisalba nach dem Entwürfe des berühmten Architekten Cagnola [Bd. II, S. 230] erbaute Kirche führte S. zwei Engeln in ihrer natürlichen Große aus, und ein Basrelief, welches den „h. Vater“ vorstellt und über dem Hochaltar dieser Kirche angebracht ist; – ferner sind bekannt für die Kirche in Calolzio zwei Basreliefs: „Das Opfer Aarons“, und „Moses zerschmettert die Gesetzestafeln Angesichts des Volkes“; – im Kloster Guastalla zu Mailand eine lebensgroße Statue: „Die Miterlöserin des Menschengeschlechtes“ – ein allegorisches Grab-Basrelief: der Schutzengel bringt die Seele eines Verstorbenen vor Gott, während zwei andere Gestalten, die schon früher in’s Jenseits hinübergegangenen Töchter des Verstorbenen, jener Seele, sie gleichsam empfangend, entgegenschreiten; – für den Friedhof von S. Gregor ein „Genius voll Trauer über eine Urne geneigt“, in zweidrittel Lebensgröße; – in Inverigno ein monumentales Basrelief zum Andenken Cagnola’s: „Die trauernde Architectur und das Genie geleiten den berühmten Künstler zum Grabe“; – die „Statue des Frühlings“, im Auftrage des Marchese Girolamo d’Adda; – das „Denkmal für den Prospect-Maler Johann Migliara“ [Bd. XVIII, [264] S. 250]; das Licht, durch eine weibliche Gestalt mit einer Fackel in der Hand allegorisirt, wirft den Strahl der Fackel über den Künstler, eine ungemein sinnige Allegorie auf den wegen der Lichteffecte in seinen Bildern so hochgeschätzten Künstler; – „Apollo als Gott der Musik“, lebensgroße Statue, im Auftrage der Comtesse Nava und in ihrem Empfangssalon aufgestellt; – „Der Erlöser der Menschheit seine neuen Lehren verkündend“; – „Johannes der Täufer predigt in der Wüste den Völkern“; – „S. Paulus von Areopag in Athen redend“, drei Basreliefs für die Kanzel der Pfarrkirche S. Alessandro della Croce in Bergamo; – das Grabmonument für die Gattin des Luigi Bellerio auf dem Friedhofe von Belgiojoso: „Der Vater zeigt seiner Tochter die ob ihrer Tugenden zum Himmel sich erhebende Gestalt ihrer Mutter“, ein Werk voll Zartheit im Ausdruck in den Mienen der einzelnen Gestalten; – eine überlebensgroße „Madonna“ für die Kirche S. Maria della Vittoria in Mailand; – im Auftrage des Antonio Chiesa, eine Gruppe darstellend: „Gott Pan, die keusche, arkadische, gegen dessen Angriffe sich wehrende und vom Himmel Schutz erflehende Nymphe Siringa umfassend“; – das „Standbild des Pietro Verri“, für die Stadt Novara, im Auftrage der Stadt-Commune; – das „Denkmal für Cavaliere Biella“, Präsident des Mailänder Civilgerichtshofes erster Instanz, in der Kirche del Carmine in Mailand; – das Denkmal auf der Stelle, wo die Heilquelle in Trescorre hervorsprudelt: „Hygea, ihre Hilfe einem kranken Knaben spendend“; – in der Kirche zu Spirano zwei Statuen: der „H. Joseph“ und der „H. Joachim“; – im Dom zu Mailand gleichfalls zwei Statuen: „Aaron“ und der „H. Jacob der Aeltere“; – das große Basrelief auf dem äußeren Giebel der Marienkirche in Turin; – in der Kirche zu Stresa am Lago maggiore sechs überlebensgroße Statuen und in jener des Noviciates Rosmini fünf Statuen, unter denen jene des h. Petrus als Fischer und der h. Katharina von Pallanza als besonders gelungen bezeichnet werden; – die überlebensgroße „Statue des Architekten Cagnola“; – das „Denkmal zum Andenken an Torriani und Missori“; – die „Statue des Cavaliere Londonio“ [Bd. XVI, S. 1], einstigen Präsidenten der Brera, im Saale der Akademie aufgestellt; – zwei Basreliefs im Kloster der Salesianerinen zu Arona, das eine vorstellend: „Francisca von Chantal, von ihrem heiligen Eifer erfüllt, verlässt ihre Familie, um sich ihrem heiligen Berufe zu widmen“; das zweite stellt den „H. Franciscus von Sales“ vor, wie er, nach zehn Jahren ausgegraben, der Verehrung der Gläubigen ausgestellt wird, der Herzog Thomas von Savoyen und, seine Gemalin mit anderen hohen Personen sind erschienen und an der Seite des Katafalks, auf welchem der Körper des Heiligen ausgestreckt liegt, liegt Francisca hingestreckt; – auch hat der Künstler in zwei lebensgroßen Statuen den „H. Franciscus Salesius“ und die „H. Francisca von Chantal“ ausgeführt; – die Statue einer in bitterer Erinnerung vor sich hinblickenden Dame, welche eine Blume betrachtet, die sie in der auf den Tisch gestützten Hand hält; – die Büste der berühmten mathematischen Schriftstellerin „Agnesi“ [Bd. I, S. 6] in der Säulenhalle der Brera; – und die „Nymphe Egeria“, Marmorstatue in natürlicher Größe, letztes Werk des Meisters. Außer den vorgenannten größeren Werken Somaini’s, unter denen kaum eines der bedeutenderen fehlen dürfte, meißelte er noch eine große Anzahl Porträtbüsten besonders hervorragender oder berühmter Personen, welche [265] sich ebenso durch ihre große Aehnlichkeit wie Sorgfalt in der Ausführung auszeichnen. Somaini, dessen künstlerische Ausbildung und Thätigkeit ganz und gar in die Periode der kaiserlich österreichischen Regierung fällt, war viele Jahre hindurch Professor an der k. k. Akademie der bildenden Künste in Mailand und seit 1843 ordentlicher Rath dieser Anstalt. Seine Arbeiten zeichnen sich durch Schönheit der Form, Tiefe des Ausdrucks in den Mienen und der Haltung der gemeißelten Gebilde, durch geschmackvolle Gewandung, insbesondere einen ungemein glücklichen Faltenwurf und im Ganzen durch eine sorgfältige technische Behandlung aus. – Sein Neffe Giuseppe widmete sich auch der Bildhauerkunst und hatte in der Mailänder Ausstellung des Jahres 1856 die Gypsbüste seines Oheims Francesco Somaini und in jener des Jahres 1857 eine Marmorstatuette, „Die Waise“ vorstellend, ausgestellt.

Costumi del Giorno. Giornale di mode, lettere, teatri, industria, arti et mestieri (Milano) Anno VI (1855), Nr. 18: „Francesco Somaini“. – Album esposizioni di belle arti in Milano ed altre citta (Milano, Canadelli, 4°.) Anno XVIII (1856), p. 112. – Gemme d’arti italiane (Milano, Venezia e Verona, Ripamonti-Carpano, 4°.) Anno VIII (1855), p. 133; Anno X (1857), p. 126. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XVII, S. 49. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°). Zweite Abtheilung, Bd. IX. S. 637. – Die Künstler aller Zeiten und Völker..... Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt und beendigt von Dr. Karl Klunzinger und A. Seubert (Stuttgart 1864, Ebert und Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 565. – Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) Jahrg. 1825, S. 260; 1827, S. 246, und 1828, S. 390, in den Kunstausstellungs-Berichten.