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Page:Die Lais der Marie de France, hrsg. Warnke, 1900.djvu/101

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Lo Fralsne. Lxxxiii Le Fraisne. [Inhalt : (1—64) In der Bretagne lebten vor Zeiten nahe bei einander zwei wackre Ritter. Als dem einen Zwillingssöhne geboren werden, giebt er hocherfreut hiervon seinem Nachbarn Kunde ; und bittet ilin zugleich bei dem einen der Knaben Pate zu stehen. Der Freund teilt seine Freude und schenkt dem Boten als Lohn ein schönes Pferd, Doch seine hämische Frau, die mit ihm zu Tische sitzt, lacht spöttisch und bemerkt vor allen Leuten, sie wundere sich, wie der Ritter seine eigene ►Schande habe melden können : es sei allbekannt, dass nur diejenige Zwillinge gebären könne, die zwei Männern ihre Gunst gewährt hätte. Ihr Gatte schilt sie wegen ihres Läster- wortes ; doch die Rede geht durch die ganze Bretagne, und wenn auch alle Frauen sich auf selten der beleidigten Dame stellen, so schenkt doch ihr eigener Gemahl, dem der Bote die Aeusserung hinterbringt, derselben Glauben und lässt sie seinen Zweifel au ihrer Treue schwer fühlen. (G5 — 176) Im selben Jahre gebiert die schmähslichtige Frau ein Mädchenpaar. Voll Verzweiflung fühlt sie, dass sie sich selbst mit jenem Läster- worte ihr Urteil gesprochen hat. Um der Schande zu entgehen, denkt sie schon daran das eine Mädchen zu töten, als eine treue Dienerin sich erbietet das Kind auszusetzen. Das Kindlein wird in einen feinen Stoff gewickelt und mit einer kostbaren Decke bedeckt, die einst der Ritter seiner Gattin aus Kon- stantinopel mitgebracht hat ; dazu wird ihm zum Zeichen seiner vornehmen Abkunft ein kostbarer Ring an den Arm gehängt. Die Dienerin bricht mit dem Kinde am Abend auf, geht mit demselben die Nacht hindurch und setzt es im Morgengrauen nach frommem Gebete in den Zweigen einer Esche nahe bei einem Nonnenkloster aus. (177 — 228) Der Pförtner des Klosters findet das Mädchen, als er morgens die Thür der Kirche öffnen will. Er bringt es zu seiner verwitweten Tochter, die ihm die erste Pflege angedeihen lässt. Am nächsten Tage meldet er der Aebtissin sein Abenteuer. Diese nimmt das Kind auf, hebt es selbst über die Taufe, wobei es nach dem Orte, an dem es gefunden, den Namen Esche {Fraisne) erhält, und erzieht es als ihre Nichte. (229 — 322) Das Mädchen wächst heran. Schönheit und alle Tugenden schmücken es. Die f*