Page:Die Lais der Marie de France, hrsg. Warnke, 1900.djvu/161

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Chievrefuell. CXLIII Ueberhaupt kann die Existenz von Laig, die ( »inzelne Abenteuer von Tristan zum Gegenstande hatten, kaum in Abrede gestellt werden. Ausser unserem Lai kennen wir mittelbar oder unmittelbar noch drei episodische Gedichte über Tristan : die folie Tristan (hg. von Morf, Rom. XV, S. 558 flf.), das in den Donnei des Amants eingeschobene Lai vom Stelldichein im Garten (Kom. XXV, S. 497 ff.) und die Geschichte von Tristans Miinchtum (Faul, Sitzungsberichte der Mttnchener Akademie 1895, S. 317 ff.). Von dem zweiten dieser Gedichte wenigstens hat G. Paris a. a. 0. aus inneren Gründen mit grosser Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass es nicht ein Ausfluss aus einem französischen Roman sein kann, sondern direkt auf keltische Quellen zurückfuhrt. Im Prosaroman ist die Rede von einem Lai de la franchise Tristan, den die Bretonen machten, als Tristan den Riesen Nabon getötet hatte. Tristan galt ferner im Mittelalter als Verfasser von Lais. Ausser dem von Marie bearbeiteten Lai verfasst er bei Gott- fried von Strassburg den schönen ’Icich Tristanden’, dessen Refrain Isot ma drue, Isot m’amie, en vus ma mort, en vus ma vie in seiner antithetischen Form an die Verse Maries ne viis senz mei ne jeo senz vus erinnert. Er ist im Prosaroman der Verfasser der lyrischen Lais de plour, du boire pesant, du dednit d’amonrs und des lai mortal. Diese Zeugnisse sind sicherlich stark genug, um er- zählende Lais, die von einzelnen Abenteuern Tristans handeln, annehmen zu dUrfen. Der episodische Charakter dieser Lais, an dem Hrugger Anstoss nimmt, kann bei der Beurteilung der Frage nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Gewiss gehörten die meisten der erhaltenen Lais zu einem kürzeren in sich ab- geschlossenen Märchen ; aber damit ist nicht gesagt, dass es nicht auch Lais gab, die einzelne Scenen aus einem grösseren Sageuganzen behandelten. Wenn in der oben S. XXIII an- geführten Stelle aus dem Rom. de Ren. neben einem Lai über Tristan auch von Lais über Merlin, Arthur und weiterhin von dem Lai dame Iset die Rede ist, so müssen diese Lais doch, ebenso wie das Lai von Tintagoil des Romans von Flamenca, ebenfalls einen episodischen Charakter getragen haben.