Page:Die Lais der Marie de France, hrsg. Warnke, 1900.djvu/29

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I. Die erzilhU’nden Lais. XI irgendwie auffallend, dass die Kleinbretonen den Stoflf zu ihren Lais auch von auswärts erhielten ? Ihr Land war doch trotz der Verschiedenheit der Sprache nicht hermetisch von den an- grenzenden Gegenden abgeschlossen. Kann denn nicht ein deutsches Märchen, ein Schwank, eine Geschichte durch Ver- mittelung bilinguer Grenzbewohner in Frankreich eindringen und hier von Leuten wiederholt werden, die selbst der deutschen Sprache nicht mächtig sind, und zwar so, dass die deutsche Lokalität, in der die Geschichte spielt, unbedenklich beibehalten wird, zumal wenn diese eine bedeutende Stadt ist ? Von den Lais von Orfeo und Ilaveloc, die Lot in diesem Zusammenhange noch erwähnt, soll weiter unten die Rede sein. Die Gründe also, die Lot für seine Hypothese, bretun sei ein konventioneller Ausdruck, vorbringt, können der Kritik kaum genügen. Die ganze Theorie scheint aber auch aus anderen allgemeinen Gründen unhaltbar zu sein. Es wäre an und für sich sehr zu verwundern, wenn den französischen Dichtern die AnreguDg zu ihren Gedichten aus mehreren, zwei oder sogar drei Quellen zugeflossen wäre. Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese einen, geschweige denn zwei oder drei keltische Dialekte verstanden haben sollten. Wenn man ferner bei den inselkeltischen Stämmen auch lais annehmen darf, so mtisste man docli, falls diese wälscheu oder irischen Lieder den französischen Dichtern Anregung und Stoff gewährten, in der französischen Litteratur auf die Ausdrücke lais galois oder lais irois stossen. Dies ist nun so gut wie nicht der Fall. Nur an wenig Stellen in der ganzen mittelalterlichen Litteratur werden irische und wälsche Sänger mit den französischen Lais in Ver- bindung gebracht. Im Lai de l’Espine, V. 176, heisst es. Le lai escoutent dJAeliz que uns Ireis sone en sa rote (B. : douccmcnt notc), molt doucement le cliante e note (B. : le sonne ens en sa rote). Empres celui autre encommence, nus d’eiis ne noise ne ne tence ; le lai lor sone d’Orphei. Eine andere Stelle, an der neben bretonischen von wälschen Lais die Rede ist, findet sich im Tristan des Gottfried von Strass- burg, wo es, V. 3628 ff., von Tristan heisst :