I. Die erzUhlcndcn Lafs. XXV Imber. Die Grundlage des Chievrefueil der Marie war ein Lai, als dessen Verfasser Tristan selber galt, und zwar lieisst es V, 111 : Pur les paroles remcrnhrer, Tristram ki bien saveit harper, en aveit fait un nuvel lai. Mit den ’Worten’, die in Erinnerung bleiben sollen, ist wol der Gedanke gemeint, den Tristram der Königin gegenüber ausspricht :
D’els dous fu il tut dltresi
cume del chievrefueil esteit, Jci a la coldre sc perneit. Das Lai enthielt also eine Schilderung der Liebe Tristans und Isolts unter Bezugnahme auf ihre Zusammenkunft im Walde. Das Lai Ignaure hat zwölf Verse (V. 617) ; dieselben enthielten die Klagen der Damen über den Tod Jgnaures. Im Lecheor wird uns geschildert, wie die Damen ein neues Lai machten, dessen Inhalt die Macht der Liebe, wenn auch in obscöner Weise, verherrlicht. Im Strandar lioÖ wird uns erzählt, bei welcher Gelegenheit und durch wen König Wilhelm das Lai anfertigen und singen liess. In all diesen Fällen handelte es sich offenbar um ein lyrisches bretouisches Lai, das gesungen und gespielt wurde. Marie, Renaut und die Verfasser der anderen Gedichte haben in ihren Gedichten nicht den Inhalt der Lais, die sie hörten, erzählt, sondern uns nur die Ent- stehungsweise derselben vorgeführt. Marie sagt dies selbst im Anfang des Chievrefueil : Äsez me plest e hien le vueil del lai qu’um nume Chievrefueil que la verite vus en cunt cument fu fez, de quei e dunt. Dies heisst aber nichts anderes, als dass das Lai zu einer Geschichte gehörte, ohne die es nicht vollständig ver- ständlich war. Ist es nun unmöglich, das Verhältnis, das hier klar zu Tage tritt, auch für die anderen Lais anzunehmen ? Müssen wir glauben, dass Marie etwa den Milun nach einem epischen Lai verfasste, obgleich die einleitenden Verse fast ganz die- selben sind wie die, mit welchen das Lai du Chievrefueil beginnt :