Page:Die Lais der Marie de France, hrsg. Warnke, 1900.djvu/49

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I. Die erzUhlcnden Lals. XXXI Geschmaeke der höfischen Gesellschaft mehr angepasst war als die Durstellung der contcors. Ob die Erzilhlungen auch Ver- anlassung zu lateinischen Darstellungen gegeben haben, wie die angeführten Stellen versichern,’) ist nicht zu erweisen. Vielleicht beruht die Versicherung auf einer Fiktion, die nur berechnet war, die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Geschichte zu erhöhen, oder auf einem Hörensagen, da einzelne in den L.iis auftretende Personen auch in lateinischen Chroniken vorkamen. Auf dem Wege, den die Erzählung so von ihrer bretonischen Quelle bis zu ihrer Fixierung durch den franz()si8chen Dichter durchmachte, musste sie, wie alle Erzählungen, die von Mund zu Mund gehen, die mannigfachsten Veränderungen in ihrem Hauptinhalt und in ihren Nebenumständen erfahren. 2) Die Ver- änderungen mochten oft so zahlreich sein, dass ein und dieselbe Erzählung zu verschiedenen oft nur in grossen Zügen noch ver- wandten Varianten Veranlassung gab. So heisst es in der That am Schluss des Gurun : ’Viele sagen diese Märe mit anderen Worten ; aber ich las sie nicht anders, als ich sie euch jetzt erzählt habe.’ Danach bieten uns die erzählenden französischen Lais nicht die unverfälschte bretonische VolksUberlieferung dar, sondern sie haben bei ihrem Uebergang aus der heimatlichen in eine neue Welt einerseits ursprüngliche Züge verloren, anderseits mannigfach fremde Elemente in sich aufgenommen. Der Ver- such, die Sagen in ihrer ursprünglichen Form darzustellen, kann kaum unternommen werden ; immerhin scheint es möglich, wenigstens einen Teil der Verstümmelungen sowie der Zuthaten und Veränderungen herauszuheben und zu besprechen. Durch das Aufgeben von gewissen, dem bretonischen Lai angehörigen Zügen wird die französische Erzählung unvollständig oder unverständlich. Fälle dieser Art finden sich besonders in den oft flüchtig gearbeiteten anonymen Lais. Die Geschichte von Desir^ lässt in der Form der französischen Dichtung nach verschiedenen Seiten hin zu wünschen übrig. Es fehlt der ’) Dazu noch der Schluss des Erle of Toulous : 1« Rome thys gcste ys cronyculyä, y tvys, A lay of Bretagne callyd hyt ys. Aehnllch auch in Le Bone Florence de Rome, V. 2175 : Pope Symonde thys story wrate, | in the cronykyls of Rome ya the date ;| ivho sekyth there, he may hyt finde.

  • ) Vgl. zum Folgenden G. Paris, Rom. XIV, GOT f.