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VII. LAUTKRITISCHES VERFAHREN. CXIX

VII.

Lautkritisches Verfahren.

Die lautkritisclie Herstellung des Textes der Fabeln stösst auf mancherlei Schwierigkeiten. Marie schrieb in dem Dialekt von Isle de France, von dem wir keine gleichzeitigen Handschriften oder Urknnden besitzen; ihre Sprache schloss sich aber anch in einigen Punkten der Sprechweise der Normandie an; überdies dichtete sie in England, und ihre Reime zeigen, dass sie sich des Einflusses, den ihre agn. Umgebung auf sie ausübte, nicht ganz zu erwehren vermochte. Ist es so nicht überall möglich, die Lautformen ihres heimatlichen Dialektes zu bestimmen, so ist es erst recht unmöglich zu sagen, wie weit sich die Dichterin in ihrer Schreibweise der in England herrschenden anpasste. Im Folgenden beschreibe ich den Weg, den ich eingeschlagen habe, um dem Ziele, das mir vorschwebte, der Konstruktion der Originalniederschrift unserer Dichterin, so nahe zu kommen, wie es die Natur der Sache überhaupt erlaubt.

Zur Grundlage des Textes musste die Hs. A gewählt werden. Die vergleichende Betrachtung der Hss. hat ergeben, dass die Gruppe a trotz mancher Versehen im Einzelnen dem Archetypus am nächsten steht und dass in dieser Gruppe die Hs. A wegen ihrer Vollständigkeit, ihres relativen Alters, auch wegen des Umstandes dass in ihr allein die Lais und die Fabeln enthalten sind, die Führerschaft verdient. Diese Hs. ist wahrscheinlich um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts in der Abtei Reading geschrieben worden; sie ist also etwa 70 Jahre jünger als Maries Dichtung und wie natürlich in agn. Mundart abgefasst. Bei der Gewinnung des Textes aus dieser agn. Urschrift liess ich mich durch folgende drei Grundsätze leiten. a) Die Resultate, die sich aus Reim und Silbenzahl ergeben, sind überall zu verwerten. So unanfechtbar dieser Satz ist, so gewährt er doch selbst für die immerhin beschränkte Zahl von Fällen, für die er überhaupt in Frage kommt, nicht überall die gewünschte feste Grundlage. Die Reime zeigen, dass in einzelnen Wörtern l vokalisiert war: dürfen wir daraus für alle